18. Dezember 2019 Thema: Finanzen und Verwaltung Von Eric Eigendorf
Die letzte Sitzung des Stadtrates im Jahr 2019 war eine der kürzesten Sitzungen des Jahres. Das ist überraschend. Normalerweise steht die letzte Ratssitzung ganz im Zeichen der Haushaltsberatung und zieht sich bis in die späten Abendstunden. Das war in diesem Jahr anders. Mit einer deutlichen Mehrheit hat der Stadtrat den Haushalt für das kommende Jahr in den Januar vertagt.
Vorangegangen war dieser Vertagung eine Haushaltsberatung, die ich in der Form in den vergangenen fünf Jahren so noch nicht erlebt hatte. Der Haushalt der Stadt umfasst etwa 1.400 Seiten eng bedrucktes Papier mit vielen Zahlen und Tabellen. Brauch ist es daher, dass die Verwaltung ihren Entwurf für den Haushalt des kommenden Jahres bereits im September des vorangehenden Jahres einbringt. In drei Monaten ist es dann für alle ehrenamtlichen Stadträte ohne Probleme möglich, den Haushalt in allen Ausschüssen zweimal zu beraten, Änderungsanträge zu beraten und im Dezember einen Beschluss zu fassen.
Der Haushalt für das Jahr 2020 wurde den Stadträten erst drei Wochen vor der vorgesehenen Beschlussfassung zur Verfügung gestellt. In diesen drei Wochen mussten alle Stadträte den gesamten Haushalt, oder zumindest die zu ihren Fachgebieten gehörenden Teile, lesen. Darüber hinaus mussten die Fraktionen binnen 13 Werktagen die Teilnahme an 22 Sitzungen absichern. Nicht selten mussten Mitglieder des Stadtrates an einem Abend mehr als eine Sitzung wahrnehmen, in einigen Fällen sogar zwischen zwei gleichzeitigen Sitzungen pendeln. Wir sind als ehrenamtliche Stadträte an die Grenzen dessen gekommen, was wir leisten können. Diese Form der Haushaltsberatung grenzte an eine Zumutung. Trotzdem haben all diese Sitzungen und außerordentlichen Sondersitzungen stattgefunden. Den Mitgliedern des Stadtrates vor diesem Hintergrund vorzuwerfen, sie seien destruktiv, ist daher mehr als abwegig.
Trotzdem wurde der Haushalt in den meisten Ausschusssitzungen und dann am Ende auch in der Ratssitzung vertagt. Die Argumente für die Vertagung sind nicht völlig abwegig. Das Verfahren in der Haushaltsberatung hat in diesem Jahr gegen alle Gepflogenheiten verstoßen, die der Stadtrat in den vergangenen Jahren beachtet hat. Die meisten Ausschüsse haben nicht abschließend über den Haushalt beraten. Eine intensive Beschäftigung mit dem Haushalt war zumindest nicht so möglich, wie es in der Vergangenheit üblich war. Auch in meiner Fraktion wurden genau diese Argumente intensiv diskutiert.
Bei der Entscheidung über die Vertagung des Haushaltes haben für uns aber auch andere Argumente eine Rolle gespielt. Wird der Haushalt in dem Jahr beschlossen, für das er gelten soll, bleibt das nicht folgenlos. Am stärksten trifft diese Verzögerung den sogenannten freiwilligen Bereich. Hinter diesem Begriff verbirgt sich alles, was Vereine, Einrichtungen und Initiativen im Bereich Soziales, Sport und Kultur tun, um unsere Stadt lebenswert zu machen. Die Stadt darf ohne den beschlossenen Haushalt allerdings in genau diesem Bereich keine Gelder mehr auszahlen. Ohne die städtische Förderung stünden viele dieser Aktivitäten vor einer ungewissen Zukunft. Gerade, weil wir im Sozialbereich vor großen Herausforderungen stehen, würde dieser Ausfall für die Stadt einen großen Schaden mit sich bringen. Darüber hinaus wäre unsere Stadt auch im Bezug auf das Einwerben von Fördermitteln stark gehemmt. Um Fördermittel zu erhalten, muss die jeweilige Kommune immer einen bestimmten Anteil in Form von Eigenmitteln beisteuern. Ohne einen Haushalt ist der Stadt genau das Bereitstellen dieser Eigenmitteln untersagt. Die meisten Fördermittel verwendet die Stadt derzeit zur Sanierung unserer Schulen. Fließen diese Fördermittel nicht, kann das negative Auswirkungen auf die eng gestrickte Planung zur Schulsanierung haben. Im Zweifel kann es sogar aufgrund der verschobenen Sanierungen und durch die steigende Kinderzahl zu Raumnöten in der Schullandschaft kommen.
Am Ende haben wir in der Fraktion zwischen diesen beiden Argumentationen abgewogen. Für uns ist klar, dass weder die Engagierten in den Vereinen, Einrichtungen und Initiativen im freiwilligen Bereich noch die von Sanierungsplänen betroffenen Schulen die Schuld an der missratenen Haushaltsberatung tragen. Gerade sie sind aber die Leidtragenden der Vertagung des Haushaltes. Daher hat die SPD-Fraktion die Kräfte gebündelt und nach bestem Wissen und Gewissen den Haushalt in den letzten drei Wochen beraten. Am vergangenen Montag hat die Fraktion sich auf ihre Änderungsvorschläge zum Haushalt geeinigt und damit die Haushaltsberatung für sich abgeschlossen. Unter der Voraussetzung, dass die von uns vorgeschlagenen Schwerpunktsetzungen im Sozialbereich, im Bereich der kulturellen Bildung und im Bereich der Umwelt angenommen worden wären, hätten wir dem Haushalt heute zustimmen können. Leider hat das heute eine Mehrheit der Mitglieder der Stadtrates anders gesehen. Wichtig ist nun, dass der Haushalt im Januar abschließend beraten und beschlossen wird, damit wir den Schaden für die, die am wenigsten für die Verschiebung können, möglichst gering halten.
Gemeinsam mit dem FDP-Landtagsabgeordneten Konstantin Pott mache ich seit Februar 2022 den Podcast
„Perspektive: Politik“. Die aktuelle sowie die bisherigen Folgen gibt es hier:
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