29. August 2019 Thema: Finanzen und Verwaltung Von Eric Eigendorf
Bereits zu Beginn des Jahres hat das Land der Stadt Halle mit Nachdruck aufgetragen, ihre Schulden abzubauen. Kommt die Stadt dieser Aufforderung nicht nach, dann wären alle Investitionen in Kitas und Schulen, alle Hilfen für Vereine, alle Finanzierungen von Sozialprojekten mit einem dicken Fragezeichen versehen. Darüber, wie sich die Stadtverwaltung den Abbau von mehr als 200 Mio. Euro vorstellt, herrschte lange Unklarheit.
Gestern veröffentlichte die Stadtverwaltung nun erstmals ihr sogenanntes Konsolidierungskonzept. Es ist der Plan, wie der Aufforderung der Kommunalaufsicht des Landes nachgekommen werden soll. Erste gute Nachricht ist dabei, dass die Stadt darauf verzichtet, die gesamten Schulden in einem Gewaltakt innerhalb von wenigen Jahren abzubauen. Das tut sie aus guten Gründen. Ein Abbau von zweistelligen Millionenbeträgen pro Jahr hätte massive Auswirkungen auf die Lebensqualität in unserer Stadt.
Ob der jetzige Entwurf einen solchen Kahlschlag verhindert und die Schulden wirklich reduziert, werden die Beratungen in den kommenden Wochen zeigen. Einen ersten Blick auf die Eckpunkte des knapp 90 Seiten umfassenden Papiers möchte ich aber an dieser Stelle schon geben:
Schaut man bei Wikipedia, wird Umschuldung als ein Prozess beschrieben, bei dem die Tilgungslast dadurch reduziert wird, dass die Rückzahlungsbelastungen durch die Aufnahme von neuen Schuldverhältnissen reduziert wird. Genau eine solche Umschuldung hat die Stadtverwaltung nun vor. Ausgenutzt werden soll dabei insbesondere das aktuell niedrige Zinsniveau. Viele der Verbindlichkeiten, die für die Stadt derzeit bestehen, haben derzeit Zinssätze, die deutlich über denen liegen, die derzeit auf dem Markt verfügbar sind. Sie sollen durch neue langfristige Darlehen ersetzt werden.
Durch mehrere Schuldscheindarlehen ab einer Höhe von fünf Millionen Euro mit einer durchnittlichen Laufzeit von 30 Jahren zu einem durchschnittlichen Zinssatz von 0,9 % pro Jahr sollen Schulden in Höhe von 200 Millionen Euro abgebaut werden. Im Jahr 2047 würde der Schuldenstand dann – wenn alles wie geplant funktioniert – unterhalb der gesetzlich festgelegten Grenze liegen. Ganz von selbst und allein durch die Umschuldung verschwinden die städtischen Schulden aber nicht. Es ist zudem notwendig, dass die Stadt jährlich etwa 8,7 Millionen Euro aus ihrem Haushalt in den Schuldenabbau investiert. Die gesamte Sportförderung der Stadt beträgt etwa 1,5 Millionen Euro, für die Jugendarbeit gibt die Stadt im Jahr zwischen vier und fünf Millionen Euro aus. Die für den Schuldenabbau aufzubringende Summe ist also alles andere als marginal. Wo und wie das Geld im kommenden Jahr eingespart werden soll, muss die Stadt mit der Einbringung des Haushaltes für das Jahr 2020 beantworten. Daran wird sie sich messen lassen müssen.
Im Konzept wird aber noch ein zweiter Aspekt des Schuldenabbaus beleuchtet. Die Stadt Halle ist keine Gebietseinheit im luftleeren Raum. Sie ist ein Teil des Landes Sachsen-Anhalt. Als Oberzentrum übernimmt sie für das Bundesland wichtige Aufgaben. Gerade diese Aufgaben sind es aber auch, die einen großen Anteil daran haben, dass die Stadt über Jahrzehnte einen enormen Schuldenberg aufgebaut hat. Auf dieser Argumentation baut der hallesche Jura-Professor Professor Dr. Winfried Kluth in seinem Gutachten zum Schuldenabbauplan der Stadt Halle auf.
Aus seiner Sicht ist das Land verfassungsrechtlich in der Pflicht, die Stadt Halle bei ihrem Schuldenabbau zu unterstützen. Andere Bundesländer haben hierzu bereits Instrumente, die die Kommunen beim Schuldenabbau unterstützen. In Sachsen-Anhalt gibt es mit dem Finanzausgleichsgesetz ein Instrument, das die Finanzierung der Kommunen sicherstellen soll. Will das Land der Stadt Halle aber tatsächlich beim Abbau der Schulden unter die Arme greifen, dann braucht es entweder einen neuen Finanzausgleich oder ein gänzlich neues Instrument.
Wenn der Oberbürgermeister es aber ernst meint mit dem Abbau der städtischen Schulden, dann muss er dieser Feststellung Taten folgen lassen. Das Land wird kaum bereit sein, freiwillig der Stadt Halle Geld überweisen. Hier braucht es Verhandlungsgeschick und Überzeugungskraft. Die Gespräche über die Folgen des Gutachtens für das Land sollte der Oberbürgermeister besser heute als morgen beginnen.
Die fast 90 Seiten umfassende Vorlage wurde von der Stadtverwaltung erst eine Stunde vor der Ratssitzung zur Verfügung gestellt. Sinnvoll konnte man sich mit diesem Papier daher nicht beschäftigen. In den kommenden Wochen wird das Konsolidierungskonzept daher im Finanz- und im Hauptausschuss auf Herz und Nieren geprüft. Erst nach dieser Befassung wird deutlich sein, ob diese Form des Schuldenabbaus die Stadt in ihrer Entwicklung bremst, ob sie im Sozialbereich einen Kahlschlag nach sich zieht oder ob er tatsächlich der beste Weg ist, um den halleschen Schuldenberg abzutragen.
Gemeinsam mit dem FDP-Landtagsabgeordneten Konstantin Pott mache ich seit Februar 2022 den Podcast
„Perspektive: Politik“. Die aktuelle sowie die bisherigen Folgen gibt es hier:
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