30. April 2018 Thema: Arbeit und Wirtschaft Von Eric Eigendorf
Das Thema „Arbeit“ gehört nicht zu den klassischen Politikfeldern in der Kommunalpolitik. Als Arbeitgeber kann die Kommune mit ihren kommunalen Unternehmen in der Arbeitsmarktpolitik aber einige Dinge anschieben. Wie sich bei den sachgrundlosen Befristungen zeigt, können Kommunen sogar manchmal da mit gutem Beispiel vorangehen, wo die Bundespolitik noch zögert.
Sachgrundlose Befristungen als Ursache für unsichere Arbeitsverhältnisse
Im letzten Bundestagswahlkampf waren die sachgrundlosen Befristungen von Arbeitsverträgen ein zentrales Thema. Seit ihrer Einführung im Jahr 1985 hat haben sich sachgrundlose Befristungen zum Ärgernis im deutschen Arbeitsrecht entwickelt. Das liegt vor allem daran, dass sich die Arbeitsmarktsituation in den letzten 33 Jahren geändert hat. Als die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen geschaffen wurde, befand sich Deutschland in einer Phase der anhaltenden Massenarbeitlosigkeit. Die zusätzliche Befristungsmöglichkeit sollte den Unternehmen mehr Flexibilität ermöglichen und so neue Arbeitsplätze schaffen. Nachdem sich die wirtschaftliche Lage entspannt hatte, blieb die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung aber erhalten. Heute ist aus der einstigen Ausnahmeregelung längst ein fester Bestandteil des Arbeitslebens geworden. Im Jahr 2016 waren nach Auskunft der Bundesregierung mehr als 20 % der neu abgeschlossenen Arbeitsverträge sachgrundlos befristet. Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung hat zudem ergeben, dass im Jahr 2016 mehr als 60 % der 1,3 Millionen von sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnissen betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter 35 alt waren. Was als Notmaßnahmen dem Arbeitsmarkt helfen sollte, ist heute also gerade für junge Menschen ein Unsicherheitsfaktor und erschwert jede langfristige Planbarkeit beim Einstieg ins Berufsleben. Teilweise wird die Ursprungsidee der sachgrundlosen Befristung sogar ad absurdum geführt, weil sich Beschäftigte mit sogenannten Kettenbefristungen über mehrere Jahre von einem sachgrundlos befristetem Arbeitsvertrag zum nächsten hangeln müssen. Es ist eine sinnvolle politische Forderung, die Zahl solcher unsicheren Arbeitsplätze durch das Verbot von sachgrundlosen Befristungen einzudämmen. Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen konnte sich die SPD am Anfang dieses Jahres damit allerdings nicht durchsetzen. Statt dem generellen Ende der sachgrundlosen Befristungen konnten sich CDU, CSU und SPD nur auf eine Einschränkung einigen. Das ist ohne Frage ein Fortschritt, reicht aber noch lange nicht aus, um das grundlegende Problem der unsicheren Arbeitsverhältnisse in diesem Bereich endgültig zu lösen.
Sachgrundlose Befristungen in Stadtverwaltung und kommunalen Unternehmen
Die SPD-Fraktion hat das gescheiterte Verbot der sachgrundlos befristeten Arbeitsverträge zum Anlass genommen, um die Stadtverwaltung zu fragen, wie oft der öffentliche Sektor in Halle als Arbeitgeber von dieser Möglichkeit der Befristung Gebrauch macht. In der Verwaltung selbst, aber auch in den vielen kommunalen Unternehmen arbeiten mehrere tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im März haben wir daher die Anfrage gestellt, wie viele dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von befristeten Arbeitsverträgen betroffen sind und wie häufig dabei sachgrundlos befristete Beschäftigungsverhältnisse vorkommen. Die umfangreiche Antwort auf unsere Fragen lässt zwei durchaus positive Feststellungen zu. Innerhalb der Stadtverwaltung existieren keine sachgrundlosen Befristungen. Der Trend, dass besonders häufig in der öffentlichen Verwaltung sachgrundlos befristet wird, ist in Halle nicht zu spüren. Die kommunalen Unternehmen kommen hingegen nicht ohne sachgrundlose Befristungen aus. Insgesamt existieren 89 der 760 befristeten Arbeitsverhältnisse ohne einen Sachgrund. Mit einer Quote von knapp 11 Prozent ist der Anteil der sachgrundlosen Befristungen an allen befristeten Arbeitsverhältnissen damit im Vergleich zum Bundesdurchschnitt aber nur halb so hoch.
Unser Ziel: Verzicht auf sachgrundlose Befristungen
Diese Feststellungen sind aber eben nur „durchaus positiv“. Natürlich ist es erfreulich, dass in der Verwaltung und den kommunalen Unternehmen nur in seltenen Fällen von sachgrundlos befristeten Verträgen Gebrauch gemacht wird. Hier zeigt sich, dass Stadt und kommunale Unternehmen verantwortungsvolle Arbeitgeber sind. Zudem kann man insbesondere den im Wettbewerb zu privaten Unternehmen stehenden kommunalen Unternehmen nicht vorwerfen, dass auch sie die Möglichkeiten des Arbeitsrechts nutzen und daher sachgrundlos befristete Arbeitsverträge abschließen. Den wenigen Betroffenen nützt das aber nicht viel. Die Unsicherheit und die fehlende Planbarkeit des Berufslebens besteht bei ihnen trotzdem. Wir haben uns daher dazu entschieden, im nächsten Stadtrat das Ende von sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnissen in der Stadtverwaltung und den kommunalen Unternehmen zu beantragen. Obwohl sich die SPD beim bundesweiten Verbot von sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnissen nicht durchsetzen konnte, wird sich die hallesche SPD-Fraktion nun zumindest hier vor Ort dafür stark machen, dass der öffentliche Sektor in diesem Bereich als gutes Beispiel vorangeht und künftig auf diese Art der Befristung von Arbeitsverträgen verzichtet. Unser Ziel ist es, dass der öffentliche Sektor in Halle noch vor der Sommerpause des Stadtrates im Juni seine Vorbildfunktion wahrnimmt und in Verwaltung und kommunalen Unternehmen keine sachgrundlos befristeten Arbeitsverträge mehr abschließt.
Gemeinsam mit dem FDP-Landtagsabgeordneten Konstantin Pott mache ich seit Februar 2022 den Podcast
„Perspektive: Politik“. Die aktuelle sowie die bisherigen Folgen gibt es hier:
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