27. September 2016 Thema: Kultur und Sport Von Eric Eigendorf
Im Sommer 2016 hat sich die Stadt Halle (Saale) ein Sportprogramm gegeben. Dieses Programm sollte das Selbstverständnis als Sportstadt stärken und die zukünftigen Entwicklungen der halleschen Sportlandschaft steuern. Was nun diskutiert wird, ist nicht weniger als die Kastration dieser Sportlandschaft.
Schwimmen und Rudern – Tradition und Abschussliste
Gerade Schwimm- und Rudersport haben in Halle eine lange Tradition. International erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler, eine beeindruckende Medaillensammlung und eine erfolgreiche Nachwuchsarbeit haben gerade diese beiden Sportarten zu Leuchttürmen des halleschen Sports gemacht. Bei den nun bekannt gewordenen Plänen kann man den Eindruck gewinnen, dass diese Leuchttürme mittlerweile gefährlich nah an der Steilküste stehen. Im Oktober will der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) mit den Landessportbünden und dem Bundesinnenministerium über die zukünftige Struktur der Bundesstützpunkte beraten. Ganz oben auf der Abschussliste stehen dem Vernehmen nach die halleschen Schwimmer und Ruderer.
Was wurde ein Wegfall der Bundesstützpunkte bedeuten?
Bundesstützpunkte sind mehr als nur Prestige. Mit Bundesstützpunkten gehen für die jeweiligen Sportarten organisatorische Infrastruktur, finanzielle Möglichkeiten, zusätzliche Trainerstellen und nicht zuletzt auch bauliche Infrastruktur einher. Hinter dem Namen „Bundesstützpunkt“ stecken damit vielfältige Voraussetzungen, die den perfekten Nährboden für zukünftige Olympiasieger bieten. Der DOSB glaubt nun allerdings durch die Konzentration auf wenige Stützpunkte mehr Planbarkeit zu schaffen. Solche Ansätze, die an Sportförderung nach planwirtschaftlichen Vorbild erinnern, die Olympiasiege für durchweg planbar halten, sind ein realitätsferner Irrglaube. Dieser Irrglaube droht nun die hallesche Sportlandschaft zu kastrieren.
Kinder-, Jugend- und Breitensport ohne Vorbilder
Natürlich besteht die hallesche Sportlandschaft nicht nur aus den fünf Bundesstützpunkten. Aber die Bundesstützpunkte haben nicht von der Hand zu weisende ideelle wie auch praktische Auswirkungen auf Breiten-, Kinder- und Jugendsport in Halle. Bundesstützpunkte produzieren Spitzensportler, Spitzensportler sind Vorbilder. Diese ideelle Bedeutung zeigt sich beispielhaft am Schwimmboom infolge der Erfolge von Paul Biedermann, dem wohl bekanntesten halleschen Sportler. Vorbilder sind die Zugpferde für ihre jeweilige Sportart und werben gerade im Kinder- und Jugendbereich mittelbar zahlreiche Mitglieder. Der Wegfall dieser Vorbilder hätte somit gerade für den halleschen Vereinssport negative Auswirkungen und würde die Zugkraft der jeweiligen Sportarten verringern.
Auswirkungen auf die Sportinfrastruktur
Ganz praktische Auswirkungen hat der Wegfall von Bundesstützpunkten auf die Sportinfrastruktur. Ohne den halleschen Schwimmstützpunkt wäre die Robert-Koch-Schwimmhalle nicht neu gebaut worden. Diese 12 Mio. €-Investition war primär für den olympischen Leistungssport gedacht. Trotzdem sind die Vorteile dieser Schwimmhalle nicht nur derzeitigen oder potentiellen Olympioniken vorbehalten. Zahlreiche Vereine nutzen die Halle zum Training, am Wochenende kann auch der Otto-Normal-Bürger auf den Bahnen gegen den Winterspeck kämpfen. Auch die Ruderer sollen bis 2018 ein neues Ruderhaus bekommen, das von allen Ruderern der halleschen Vereine genutzt werden wird. Fallen die Bundesstützpunkte weg, werden diese beiden Gebäude wohl die letzten großen Investitionen in die hallesche Sportlandschaft gewesen sein.
Zukunftsfrage: Sportschule
Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt ist die Zukunft der Sportschulen. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler, die Sportgymnasium- oder sekundarschule besuchen, schwimmen oder rudern. Welche Zugpotential haben die Sportschulen für auswärtige Schülerinnen und Schüler, wenn sie nicht mehr mit der Nähe zu Bundesstützpunkten werben können?
Fazit: Widerstand
Die Schließung der Bundesstützpunkte Schwimmen und Rudern in Halle ist auf so vielen Ebenen für Stadt und Sport nachteilig, dass man ernsthaft an den intellektuellen Fähigkeiten der Funktionäre des DOSB zweifeln muss. Ich werde mich entschieden gegen diese Kastration der halleschen Sportlandschaft stellen.
Gemeinsam mit dem FDP-Landtagsabgeordneten Konstantin Pott mache ich seit Februar 2022 den Podcast
„Perspektive: Politik“. Die aktuelle sowie die bisherigen Folgen gibt es hier:
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