22. August 2022 Thema: Bildung und Soziales Von Eric Eigendorf
Schon heute sehen wir, dass die Energiekosten in Herbst und Winter stark steigen werden. Um die Folgen abzufedern, brauchen wir einen Schutzschirm für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt.
Am 15. August veröffentlichte die Energieversorgung Halle eine Pressemitteilung, die weder unvorhersehbar noch überraschend war. In einem ausführlichen Text wurde bekanntgegeben, dass die Preise für Strom und Gas ab dem 01. Oktober steigen werden. Dabei kündigte das Unternehmen an, dass Abschläge für Gas um 35 Prozent und für Strom um 25 Prozent steigen werden. In dieser Entscheidung war der kommunale Energieversorger alles andere als frei. Die Marktlage zwingt Versorgungsunternehmen in ganz Deutschland dazu, die Preise anzuheben. Seit April ist allein der Gaspreis um mehr als 120 Prozent gestiegen. Irgendwann sind auch gut geführte Energieunternehmen nicht mehr in der Lage, diese Preiserhöhungen abzufedern, ohne selbst in wirtschaftliche Schieflage zu geraten. An dieser Stelle sind Preiserhöhungen für Verbraucherinnen und Verbraucher unumgänglich.
Die Aufgabe von Politik ist aber nicht nur, dieses Problem zu beschreiben. Es ist wahrscheinlich, dass die Kosten für Energieunternehmen wie auch für Verbraucherinnen und Verbraucher in den kommenden Monaten noch weiter steigen. In diesen Tagen hat Russland erneut angekündigt, die Gaslieferungen über Nordstream 1 erneut auszusetzen. Es ist deswegen absehbar, dass diese Verknappung auch mit Blick auf die Preise nicht ohne Folgen bleiben wird. Jede Preiserhöhung macht aus der Energiepreiskrise aber auch eine soziale Frage. Im schlimmsten Fall kann diese Entwicklung dazu führen, dass viele Hallenserinnen und Hallenser nicht mehr in der Lage sind, die Energiekosten zu zahlen. Entsprechend würden in vielen Fällen die Voraus- und Nachzahlung der Betriebskosten ausbleiben.
Damit würden die betreffenden Personen von Wärme- und Energiesperren sowie von Kündigungen ihrer Mietverhältnisse bedroht sein. Es ist nicht auszuschließen, dass dadurch viele Hallenserinnen und Hallenser Gefahr laufen, in den kalten Monaten keinen Strom, keine Heizung oder – im schlimmsten Fall – kein Obdach zu haben. Diese Situation muss frühzeitig und entschieden vermieden werden. In der Pflicht ist hier zuerst die Bundespolitik. Bereits heute zeichnet sich ab, dass die Bundesregierung das Problem erkannt hat und eine Lösung finden will. Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Gasprodukte war ein erster, guter Schritt. Es ist aber noch nicht klar, wie eine vollständige Lösung aussehen wird und wann sie in Kraft treten soll. Kommunalpolitik darf hier die Verantwortung nicht einfach nur auf die anderen politischen Ebenen schieben. Sie muss auch selbst im Rahmen ihrer Möglichkeiten aktiv werden und handeln.
In der kommenden Ratssitzung wird die SPD-Fraktion einen Vorschlag einbringen, wie dieses Handeln aussehen kann. Wir werden dem Stadtrat vorschlagen, durch einen Schutzschirm mehr Sicherheit vor Energiesperren und Kündigungen zu schaffen. Nutzen wollen wir dabei die Steuerungsmöglichkeiten, die wir als Kommunalpolitik über unsere städtischen Unternehmen haben. Mit HWG und GWG ist die Stadt Halle im Besitz von zwei der größten Wohnungsunternehmen in der Stadt. Außerdem sind die Stadtwerke als der wichtigste Energieversorger in Halle ebenfalls im städtischen Eigentum. Die Möglichkeiten, aktiv zu werden, haben wir als Stadtrat also.
Nach unserer Vorstellung bedeutet ein Schutzschirm, dass wir nun im September klar, deutlich und unmissverständlich beschließen, dass diese städtischen Unternehmen während der kommenden Monate bei Zahlungsrückständen in Folge der Energiepreiskrise niemandem die Energie und die Heizung abdrehen oder den Mietvertrag kündigen. Dieser Schutzschirm kann keine bundeseinheitliche Regelung ersetzen. Er kann aber die Zeit bis dahin überbrücken und der jetzt schon existierenden Unsicherheit entgegenwirken. Bereits heute gibt es Fälle, in denen die besagten städtischen Unternehmen darauf verzichten, die Energie abzudrehen oder den Mietvertrag zu kündigen. Bei der zu erwartenden Fülle an Fällen reicht aber diese unverbindliche Praxis in Einzelfällen nicht mehr aus, um für Sicherheit zu sorgen. Für uns ist daher ein vom Stadtrat beschlossener Schutzschirm das richtige Instrument, um der sozialen Verantwortung gerecht zu werden, die wir haben.
Wir sind der festen Überzeugung, dass es keine sinnvolle Alternative zu einem solchen Schutzschirm gibt. Will man schnell für Sicherheit in der Bevölkerung sorgen und gleichzeitig im Ernstfall Schutz bieten, wird das nur in dieser Weise funktionieren. Andere Fraktionen haben in den vergangenen Tagen verlautbaren lassen, dass sie diesen Schritt für unnötig halten und verweisen darauf, dass schon alles gut gehen werde. Wenn sie sich mit dem Thema intensiver beschäftigen und ihnen der Ernst der Lage bewusst wird, dürfte aber auch ihnen die Unausweichlichkeit schnell klar werden. Trotzdem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass ein solcher Schutzschirm auch für die städtischen Unternehmen wirtschaftliche Folgen hätte. Diese Folgen müssen ebenfalls abgefedert werden. Daher schlagen wir gleichzeitig vor, dass die Abführungen die betreffenden Unternehmen an die Stadt in Höhe der jeweiligen Kosten zurückgestellt werden. So soll vermieden werden, dass die Unternehmen in Folge der notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.
Gemeinsam mit dem FDP-Landtagsabgeordneten Konstantin Pott mache ich seit Februar 2022 den Podcast
„Perspektive: Politik“. Die aktuelle sowie die bisherigen Folgen gibt es hier:
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